top of page

In 7 Schritten ins kulinarische Nirvana



Sie nagen an Ihrem Bleistift, weil der Magen knurrt? Dann wäre es vielleicht Zeit für eine kleine Mahlzeit, nicht wahr? Doch bevor Ihr Lieblingsessen auf den Tisch kommt, müssen wir wohl zuerst noch einkaufen, denn Ihr Kühlschrank ist in etwa so leer wie Ihr Magen, nehmen Sie also besser die grosse Einkaufstüte mit.

Schritt 1: Von Brötchen und Parkplätzen

Zuerst gehen wir auf einen Sprung beim Bäcker vorbei und kaufen dort Brötchen. Das heisst, wenn wir in Deutschland einkaufen, dann kaufen wir dort Brötchen. Kaufen wir in Österreich ein, sind das Semmeln. Wenn Sie in der Schweiz zum Bäcker fahren, können Sie Ihr Auto vor dem Laden parkieren, in Deutschland parken Sie Ihren Wagen bitte vor dem Geschäft, schnappen sich Ihre Brieftasche und Ihre Einkaufstüte und los geht’s. In der Schweiz geht’s los, wenn Sie sich Ihr Portemonnaie und Ihren Einkaufssack geschnappt haben, in Österreich schnappen Sie sich bitte Ihre Geldtasche und Ihr Sackerl, gemma!

Schritt 2: Unsere Hühner sprechen Französisch, mais oui!

Neben dem Bäcker steht in der Schweiz eine Metzgerei, in Deutschland ein Fleischer und in Österreich? Natürlich eine Fleischhauerei. Dort kaufen wir ein Hendl. Also in Österreich kaufen wir ein Hendl. Nicht so in Deutschland. Dort kaufen wir ein Hähnchen. Und in der viersprachigen Schweiz gibt es nur Französisch sprechendes Geflügel, also kaufen wir hier ein Poulet.

Schritt 3: Was ist eigentlich los mit dem Gemüse?

Als Beilage wünschen Sie Ofengemüse? Was soll da hinein? Deutsche Möhren, Paprika und Kohl, österreichische gelbe Rüben, Gemüsepaprika und Kraut oder Schweizer Rüebli, Peperoni und Kabis? Das ist Ihnen egal, Hauptsache, das Zeug schmeckt gleich? Tut es.

Schritt 4: Süsser Käse und Quark, der nichts mit Teilchenphysik am Hut hat.

So, und fürs Dessert schlendern wir in der Schweiz noch kurz zur nächsten Confiserie und holen uns ein Stück Quarktorte, in Österreich holen wir in der Konditorei ein Stück Topfenkuchen und in Deutschland geht’s zum Zuckerbäcker, wo uns ein Stück Käsekuchen erwartet, das aber auf gar keinen Fall nach Käse schmecken sollte, was es in der Schweiz jedoch definitiv täte, wenn Sie dort ein Stück Käsekuchen bzw. Käsewähe bestellen würden.

Schritt 5: Linguistisches Amuse Bouche

Ihnen ist etwas schwindlig und Sie haben ein flaues Gefühl im Magen? Was denn, so hungrig sind Sie? Ach, das ist gar nicht der Hunger, das sind die vielen unterschiedlichen Begriffe für ein und dieselbe Sache? Ob das legal ist?

Ja, komplett legal, denn all diese schönen Wörter stehen so im DUDEN, dem offiziellen Rechtschreibwörterbuch der deutschen Sprache und wurden von einer multikulturellen Redaktion einvernehmlich abgesegnet. Denn: Die moderne Sprachwissenschaft ist der Meinung, dass es kein Monopol auf das «richtige» Deutsch gibt, sondern dass die deutsche Sprache sich in mehreren geografischen Sprachzentren, nämlich Deutschland, Österreich und der Schweiz, manifestiert hat.

Daraus sind dann in den drei Ländern drei Standardsprachen entstanden, die in weiten Teilen dasselbe Vokabular benützen, aber manchmal eben durch Varianten überraschen. Und das ist vollkommen in Ordnung so und eigentlich gar nicht typisch Deutsch, denn auch viele andere Sprachen sind sogenannt plurizentrisch.

Schritt 6: Chips gibt's bei uns nur im Casino

Wenn Sie zum Beispiel Ihr Hühnchen, Poulet oder Hendl in Australien essen, werden Ihnen dazu Hot Chips serviert, in den USA sind es French Fries und in England Chips und dazu trinken Sie in den Vereinigten Staaten an manchen Orten a pop in England a soda und in Australien lolly water, aber schmecken tut die Fanta überall gleich süss.


Wenn Sie also Deutsch lernen, werden Sie automatisch auch ein bisschen herumkommen mit German live! Wir werden dann kurz mal auskundschaften, wie man sich in Österreich Guten Appetit wünscht, wie man sich in Deutschland begrüsst und was man in der Schweiz sagt, wenn das Essen fertig ist.

Schritt 7: Das Nirvana liegt hinter der Ofentür


Und jetzt grillieren wir endlich das Poulet mit Rüebli, Peperoni und Kabis im Ofen bei 220 Grad, streichen etwas Anken aufs Semmeli und trinken ein lautes Mineralwasser dazu, während unsere deutschen und österreichischen Nachbarn ihre Hähnchen und Henderln natürlich grillen dürfen, da haben wir gar nichts dagegen, solange Ihr Lieblingsgericht geniessbar aus dem Ofen kommt und Sie ins Nirvana schickt.

Guten Appetit! (CH) I Mahlzeit! (D) I An Guadan! (A)








 
 
 

Comentarios


bottom of page